Wissenswertes über ein Blasorchester
- Was macht ein Blasorchester aus?
- Die Entwicklung des Blasorchesters
- Das sinfonische Blasorchester
- Die Besetzung
- Die Sitzordnung im sinfonischen Blasorchester
- Grafische Übersicht und Klänge der einzelnen Sätze
- Glossar (aus den Begriffserklärungen kehren Sie mit der "zurück" Funktion in den Text zurück.)
Was macht ein Blasorchester aus?
Ganz allgemein ist es ein größer besetztes Instrumentalensemble mit 40 bis 140 Musikern, das vor allem mit Blasinstrumenten besetzt ist.
Der Begriff “Orchester” ist vom französischen “orchestre” abgeleitet. Ursprünglich stammt er vom lateinischen “orchestra”, “Platz für Musiker, Tänzer und Pantomime” oder griechischen “ὀρχήστρα” (orchēstra) “Tanzplatz” ab.
Von einem Orchester spricht man in Deutschland noch gar nicht so lange. Erst im 17. Jahrhundert wurde diese Bezeichnung in den deutschen Sprachgebrauch übernommen, vorher war das Wort “Kapelle” gebräuchlich.
Ein Orchester zeichnet sich im Gegensatz zu kleineren Ensembles auch dadurch aus, dass einige Stimmen mehrfach, d.h. “chorisch”, besetzt sind. Dadurch wird eine besondere Klangfärbung des Ensembles erreicht. Außerdem ist die Lautstärke einiger Register, zum Beispiel des Klarinetten- und Flötensatzes, dadurch erhöht.
Neben Blasorchestern gibt es die unterschiedlichsten Bläserensembles: Alta Musica und Jagdhorn-Ensembles, Hornquartette mit zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba, klassischen Bläserquintette mit den Holzbläsern Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott und dem Horn, Blaskapellen, Fanfarenzügen, Brass Bands, evangelische Posaunenchöre und der Spielmannszug.
Die Entwicklung des Blasorchesters
Die ersten konzertanten Blasorchester entstanden Ende des 18. Jahrhunderts zur Zeit der Französischen Revolution. Sie waren meist chorisch mit Holz- und Blechbläsern und einer Perkussionsgruppe besetzt. Diese Freiluftmusikensembles sollten die Revolutionsfeiern und später die Siegesfeiern Napoleons mit Musik unterstützen. Zahlreiche Blasorchester des Süddeutschen Raumes führen übrigens ihren Ursprung auf diese Zeit zurück.
Im 19. Jahrhundert wurden die Blasinstrumente entscheidend weiter entwickelt. Der Wiener Instrumentenbauer Joseph Felix Riedl war einer der ersten, der 1832 die heute gebräuchlichen Dreh- oder Zylinderventile für Blechblasinstrumente erfand. 1839 machte sich Francois Périnet in Paris einen Namen mit der Verfeinerung der alten Pumpventile.
Seitdem haben Blechbläser vollwertige chromatische Instrumente — und erst dadurch konnten auch die Trompeten und Horninstrumente chorisch besetzt werden.
Die Entwicklung der Ventile führte zur Erfindung völlig neuer Instrumente: in Preußen und Österreich wurde an Vorläufern des Tenorhorns und Baritons sowie der Tuba gearbeitet. Die Saxhörner, die der Belgier Adolphe Sax 1840 erfand, wurden zunächst in Marsch- und Militärkapellen angewendet, da die Metallbauweise bessere Witterungsbeständigkeit gegenüber den Klarinetten aus Holz besaß.
Das sinfonische Blasorchester
Die sinfonische Besetzung ist vielseitiger als die des klassischen Blasorchesters. Sie ist um einige Klangfarben bereichert, und — wie der Name schon sagt — mit dem eines klassischen Sinfonieorchesters vergleichbar. So sind hier neben Flöten, Klarinetten, Saxophonen, Trompeten, Hörnern, Posaunen auch Fagotte, Bassklarinetten und je nach Bedarf Kontrabässe, Klavier und Harfe besetzt.
Die sinfonische Blasmusik umfasst Bearbeitungen von klassischen sinfonischen Werken, aber auch Originalkompositionen, die speziell für diesen Klangkörper komponiert wurden.
Deutschland gilt nach wie vor als Ursprungsland der traditionellen Blasmusik im Sinne der Marschmusik. Doch auch hier hat in den letzten Jahrzehnten — zum Beispiel durch Filmmusiken — die sinfonische Blasmusik Einzug in unsere Hörgewohnheiten gehalten.
Die Besetzung des sinfonischen Blasorchesters
Die Besetzung kann, genau wie die Sitzordnung, von Orchester zu Orchester erheblich variieren. Heute umfasst sie häufig die folgenden Instrumente:
Holzbläser
- 1. und 2. Querflöte
- 1. (2.) Oboe
- 1. (2.) Fagott (Kontrafagott)
- Klarinette in Es, 1. bis 3. Klarinette, Bassklarinette
- 1. und 2. Altsaxophon
- 1. (2.) Tenorsaxophon, Baritonsaxophon
Blechbläser
- 1. bis 3. (4.) Trompete
- 1. und 2. Flügelhorn in B (hauptsächlich bei deutschsprachigen Komponisten [wenn keine Klarinetten besetzt sind])
- 1. und 2. (3.) Kornett in B (hauptsächlich bei englischen oder amerikanischen Komponisten [wenn keine Klarinetten besetzt sind])
- 1. bis 4. Waldhorn in F
- 1. bis 4. Althorn in Es (nur, wenn keine Waldhörner besetzt sind)
- 1. und 2. Tenorhorn in B (hauptsächlich bei deutschsprachigen Komponisten)
Bariton in B (oder Euphonium) - 1. bis 3. Posaune und/oder Bassposaune
- Tuba in B, C, Es oder F (selten auch Sousaphon oder Kontrabasstuba)
Schlagzeug
- Drumset, Große Trommel, Kleine Trommel, Becken, Gong, Tamtam, Bongos, Congas, Timbales
- Perkussion:
Triangel, Tamburin, Cabasa, Maracas, Schlittenglocken, Shaker, Windmaschine, Amboss - Stabspiele / Mallets:
Marimbaphon, Vibraphon, Xylophon, Glockenspiel, Röhrenglocken, Windchimes, Lyra - Pauken
Zudem werden in einzelnen Kompositionen Instrumente gefordert, die nicht der Standardbesetzung des symphonischen Blasorchesters entsprechen. Beispiele hierfür sind:
- Altflöte
- Englischhorn
- Kontrafagott
- Altklarinette
- Kontrabassklarinette
- Sopransaxophon
- Basssaxophon
- E-Bass
- Kontrabass
- Cello
- Harfe
- Klavier/Keyboard
Die Besetzung eines sinfonischen Blasorchesters ist ebenso wenig starr vorgegeben wie die Literatur, die sie spielt. In den vergangenen Jahrzehnten haben zudem verschiedene Trends dazu beigetragen, dass Instrumente dazu gekommen oder verschwunden sind.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gehörte das Saxophon zum Beispiel gar nicht zur Standardbesetzung der Blasorchester. Heute setzt sich international nach und nach im Saxophonsatz die Quartettbesetzung Alt, Alt, Tenor, Bariton durch.
Die vor drei Jahrzehnten noch üblichen, rund gebauten Althörner in Es sind heute fast verschwunden. Dafür werden meist Waldhörner eingesetzt, die hier vor 30 Jahren kaum verbreitet waren. In Märschen ersetzen sie den Nachschlag der Althörner. Darüber hinaus haben sie in der Instrumentierung mehr und mehr Bedeutung auf Kosten der Tenorhörner erhalten.
Das Tenorhorn wird in den letzten Jahrzehnten in vielen Stücken nur noch mit einer Stimme instrumentiert, die mehrfach (unisono) besetzt wird. Zudem wird es immer häufiger vom Euphonium abgelöst, das mit einer kompensierten Ventilmaschine besser intoniert. Auch Saxophone übernehmen vielfach deren Melodie.
Die Sitzordnung des sinfonischen Blasorchesters
Welche Instrumentengruppe wo im sinfonischen Blasorchester platziert ist, orientiert sich im Wesentlichen an der Sitzordnung eines sinfonischen Streichorchesters.
Gemeinsam ist beiden sinfonischen Ensembles: die lauteren Instrumente wie Schlagzeug und Blechbläser sind entweder hinten, also am Weitesten vom Publikum entfernt, oder an der Seite, zur Orchestermitte musizierend, angeordnet.
Näher zum Publikum sitzen die leiseren Instrumente, im Falle des Blasorchesters die Holzbläser. Die Satz- und Registerführer haben üblicherweise ihren Platz in der Mitte, um optimalen akustischen Kontakt zueinander zu haben.
Es gibt traditionelle, regionale, klangästhetische und raumakustische (architektonische) Unterschiede hinsichtlich der Aufstellung des Orchesters. Letztendlich bestimmt der Dirigent, wer wo sitzt. Er achtet generell darauf, dass ihn jeder Musiker in einer optimalen Spielhaltung gut sehen kann, und das Klangerleben für das Publikum genau so ist wie für ihn selbst.
Die optimale Sitzordnung eines Orchesters ist “ein weites Feld”, und mittlerweile nicht nur Forschungsgegenstand von Musikwissenschaftlern und Toningenieuren. Sogar Richter haben sich damit in jüngerer Vergangenheit befasst. So gelten auch für Profimusiker in Orchestern die Lärmschutzparagraphen des allgemeinen Arbeitsrechts.
Grafische Übersicht einer möglichen Sitzordnung

Hörbeispiele von Registern und einzelnen Instrumentensätzen
- Audiobeispiel Schlagzeugregister
- Audiobeispiel Tubensatz
- Audiobeispiel Posaunensatz
- Audiobeispiel Tenorhorn-/ Baritonsatz
- Audiobeispiel Hornsatz
- Audiobeispiel Trompetensatz
- Audiobeispiel Fagottsatz
- Audiobeispiel Saxophonsatz
- Audiobeispiel Klarinettensatz
- Audiobeispiel Blechregister
- Audiobeispiel Holzregister
Glossar
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Alta Musica:
Ensemble, das sich mit der Musik des Mittelalters beschäftigt
Brass Band:
Englisches (Blech-)Bläser Ensemble mit der Besetzung:
Cornette, Flügelhörner, Hörner, Baritone, Euphonien, Posaunen, Tuben, Schlagzeug
chorisch:
Spielen einer Einzelstimme mit zwei oder mehreren Instrumenten
chromatisch:
Das Instrument kann alle zwölf Töne einer Oktave spielen.
Ensemble:
Gruppe/Gruppierung von Musizierenden
Instrumentalensemble:
Gruppierung ausschließlich mit Instrumenten (ohne Gesang)
Intonation:
Die Feinabstimmung der Grundstimmung eines Musikinstrumentes bzw. das exakte Treffen der gewünschten Tonhöhe. Auch: Kurze Einleitung eines Musikstückes.
Kapelle:
Lateinisch “capella” bezeichnet ursprünglich religiöse Gegenstände oder Gebäude.
Seit 800 n.Chr. wurden Musiker, die für die (Instrumental-)Musik eines Gottesdienstes zuständig waren, "capellani" genannt. Später wurde der Begriff für Musikensembles unterschiedlicher Art und Größe gebraucht.
Kompensierte Ventilmaschine:
Kompensation bedeutet Ausgleich. Kompensierte Blasinstrumente mit Périnet-Ventilen haben zusätzliche Verlängerungen in und zwischen jedem einzelnen Ventil, die zugeschaltet werden, wenn Ventile mit dem vierten Ventil zusammen gedrückt werden (automatisches Kompensationssystem).
Posaunenchor:
Ein mit Posaunen besetzter Klangkörper, heute auch ein gemischtes Blechbläserensemble.
Register:
Zusammenfassung einzelner Instrumentengruppen, im Blasorchester Holz- und Blechregister.
Satz:
Gruppe gleicher Instrumente, z.B. Posaunensatz
Spielmanns-/Fanfarenzug:
Spielmanns- und Fanfarenzüge bestehen aus Fanfaren, (Quer-)Flöten, Trommeln. Entstehung im Mittelalter.
Unisono:
Begriff aus dem Italienischen, Einklang oder Einstimmigkeit: alle Beteiligten spielen gemeinsam die selbe Melodie, auch in verschiedenen Oktaven.
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E-Mail: All In IT Carsten Gerhards